Gesamtinstandsetzung Mülheimer Brücke, Köln
Zusammenfassung
Instandsetzung einer Stahlseil-Hängebrücke über den Rhein, Abbruch und Neubau der Rampenbauwerke auf beiden Rheinseiten, in mehreren Verkehrsphasen unter Aufrechterhaltung des Verkehrs (MIV, IV, ÖPNV).
Das Projekt
Die Mülheimer Brücke überführt die Bundesstraße B51 inklusive seitlicher Geh- und Radwege sowie die KVB-Stadtbahnlinien über den Rhein und verbindet die Kölner Stadtteile Riehl und Mülheim. Der gesamte Brückenzug hat eine Länge von ca. 950m und besteht aus den nachfolgenden sieben Teilbauwerken (Aufzählung von linksrheinisch nach rechtsrheinisch), die im Hinblick auf den Straßenquerschnitt im Wesentlichen eine gleichartige Aufteilung aufweisen, sich hinsichtlich der Konstruktion jedoch deutlich unterscheiden:
- Deichbrücke als vierfeldrige Stahlbrücke, Überbau Stahlträgerrost, ca. 94m lang
- Trennpfeiler inkl. Treppenanlage aus Stahlbeton
- Flutbrücke als zweifeldrige Stahlkonstruktion, ca. 116m lang
- Links- bzw. rechtsrheinischer Ankerpfeiler als Endauflager der Strombrücke zur Aufnahme der Verankerungskräfte aus dem Tragkabel
- Strombrücke als Hängebrücke mit Längs-, Quer-, und Lastverteilungsträgern aus Stahl mit zwei parallelen Tragkabeln über den Rhein, ca. 485m lang
- Rechtsrheinische Rampe als 248m langes Rahmentragwerk mit drei Überführungsbauwerken in Stahlbetonbauweise mit daran anschließendem 127m langes Stützbauwerk.
Die Mülheimer Brücke wurde ursprünglich in den Jahren 1927-1929 erbaut, dann jedoch am 14. Oktober 1944 durch einen Luftangriff zerstört. Der Wiederaufbau der über den Rhein führenden Strombrücke erfolgte in den Jahren 1949-1951 als Neubau. Die restlichen Teilbauwerke wurden im Krieg ebenfalls stark beschädigt, konnten aber nach einer Instandsetzung und Verstärkung der Konstruktion erhalten und wieder in Betrieb genommen werden. Diese sind damit heute fast 100 Jahre alt.
Das heutige verkehrstechnische Nadelöhr gewährleistet die Verbindung des Stadtkerns mit angrenzenden Industriestandorten (z.B. Niehler Hafen, Ford- und Bayer-Werke), verschiedenen Autobahnanschlüssen (z.B. A1, A3, A4) und wird für die zwei städtischen Straßenbahnlinien genutzt. Im Zuge von Bauwerksprüfungen wurden zahlreiche Schäden an den Brückenbauwerken festgestellt. Die Aufrechterhaltung des Verkehrs sowie zusätzlich der angrenzende Neubau der Leverkusener-Autobahnbrücke der A1 und der hochfrequentierte Schifffahrtsweg sprachen gegen einen Komplettabriss mit anschließendem Neubau des denkmalgeschützten Brückenzuges.
Stattdessen sieht die geplante Gesamtinstandsetzung eine dauerhaft eingeschränkte Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs (MIV, IV, ÖPNV) für die gesamte Bauzeit vor.
Leistungen im Detail
- Generell: Die Ausführung der Arbeiten erfolgt schrittweise und 3-geteilt über den Brückenquerschnitt, in dem jeweils zwei der drei Verkehrsachsen (2x MIV + 1x Straßenbahn) über die Gesamtlänge der Brücke aufrecht erhalten bleiben. Die Baufreiheit wird im gesperrten Drittel für den Abbruch und Neubau bzw. die Sanierung geschaffen.
- Deichbrücke: Vollständiger Ersatzneubau des Bauwerks mittels Hohlkästen als Verbundbrückenkonstruktion, Tiefgründungen der neuen Stahlbeton-Pfeiler und -Widerlager mittels Mikropfählen.
- Trennpfeiler: Instandsetzung des Stahlbeton-Trennpfeilers mit Ersatzneubau der Treppenanlagen
- Flutbrücke: Instandsetzung des Stahlbrückenbestandsbauwerks, Erneuerung des Kragarmbereichs, Vollständige Erneuerung des Korrosionsschutzes, Ertüchtigung / Verstärkung der Längssteifen an den Hauptträgern, Austausch der Stahldeckblechkonstruktion inklusive Schienenkonstruktion
- Ankerpfeiler: Instandsetzung des links- und rechtsrheinischen Stahlbeton-Ankerpfeilers, Erneuerung der Fahrbahnplatte
- Strombrücke: Ertüchtigung / Verstärkung des Stahlüberbaus durch Einbau neuer Querträgerverstärkungen mittels Zugband sowie Fachwerklängsträgern und der Austausch sämtlicher Hängerseile, Erweiterung der Kragarme im Bereich der Pylone sowie Instandsetzung des Brückenbauwerks, hierbei auch vollständige Erneuerung des Korrosionsschutzes
- Rechtrheinische Rampe: Zweigeschossige Stahlbeton-Rahmentragwerk schrittweise und 3-geteilt durch einen Ersatzneubau vollständig ausgetauscht, die östlich anschließenden Stützwandbereiche werden saniert, Sämtliche Tiefgründungen erfolgen mittels Mikropfählen und in Teilbereichen auch Großbohrpfählen.
- Einsatz von BIM- Methoden zur Projektabwicklung.
Herausforderungen
Die innerstädtische Baumaßnahme erfolgt während nahezu der gesamten Bauzeit unter Verkehr, wobei lediglich die Sperrung einer Fahrspur je Fahrtrichtung zulässig ist. Der Neubau bzw. die Instandsetzung des mittleren Brückenteils der Stadtbahn muss während einer kurzen 19-wöchigen Sperrpause erfolgen, für die ein Schienen-ersatzverkehr eingerichtet wird. Hieraus resultieren unumgängliche Rahmenbedingungen für die Verkehrsführung, Baustelleneinrichtung sowie den Bauablauf.
Der nach Projektbeginn festgestellte deutlich schlechtere Zustand des Bestandsbauwerks der Rechtsrheinischen Rampe von 1929 erforderte umfangreiche Baustoffanalysen und eine komplette Neubewertung der Tragfähigkeit. Der Verkehr musste als Sofortmaßnahme auf ein zulässiges Gesamtgewicht von max. 3,5to reduziert werden. In der Folge bestand die Erfordernis die Ausführungsplanung des Auftraggebers hinsichtlich der Baubehelfe (Bauwerks-zustand) sowie der Tiefgründung (Braunkohleschicht) weitreichend umzuplanen. Die Herstellung der geänderten Ausführung konnte daher erst Ende 2020 beginnen.
Im Bereich der Strombrücke wurde der marode Zustand des Bestandbauwerkes ebenfalls näher untersucht, dessen Folge bislang eine Neuplanung der Querträgerverstärkung, ein Teilneubau des Fahrbahndeckblechs sowie eine zusätzliche Untersuchung des Tragkabels und Hängerseilschellen nach sich zieht. Eine analoge Zustands-feststellung des Stahlüberbaus der angrenzenden Flutbrücke erfordert auch hier einen Teilneubau des Fahrbahndeckblechs.
Im Zuge des Rückbaus der beiden Rampenbauwerke sowie in den Pylonen der Strombrücke wurden eine Vielzahl von asbestbelasteten Bauteilen vorgefunden, deren Beseitigung zu Bauablaufumstellungen führte. Darüber hinaus sind zahlreiche Gefahrstoffe auszubauen, die nennenswerte Schadstoffgehalte aufweisen. Für den Umgang und die Entsorgung dieser belasteten und gefährlichen Stoffe sind entsprechende Schutzmaßnahmen beim Ausbau (Einrichten von Schwarz/Weiß-Bereichen, Arbeiten unter Vollschutz), beim Transport, der Zwischenlagerung sowie bei der Entsorgung erforderlich.
Das Bauen im Bestand bleibt weiterhin eine große und anspruchsvolle Herausforderung. Eine Verlängerung der Bauzeit von zusätzlich prognostizierten ca. 4 Jahren derzeit verdeutlich die besonderen Anforderungen.
Nachhaltigkeit
- Der Bauherr hat eine ökologische Baubegleitung eingerichtet. In Zusammenarbeit und Abstimmung mit der ökologischen Baubegleitung werden weitreichende Maßnahmen zum Schutz der Flora und Fauna umgesetzt.
Weitere Informationen
Bauoberleitung / Bauüberwachung
Zetcon Ingenieure GmbH