Innovation ist hier der Standard
«The Place where Innovation Starts» ist das Motto der Empa. Und diesem Motto wird man nicht nur später auf dem Forschungscampus gerecht werden, den Implenia gerade erweitert, sondern bereits bei dessen Bau. «Innovation ist bei diesem Projekt der Standard», sagt Gesamtprojektleiter Benjamin Häusler und fährt fort: «Heute kann ich euch diverse Speziallösungen präsentieren, und alles sieht so einfach aus. Aber der Weg dahin verlangte uns viel ab. Eigenes Expertenwissen, externes Spezialistenwissen hinsichtlich Baudynamik sogar aus dem deutschen Bochum, und viele Planungssitzungen bis spät in die Nacht über Berge von Pizzaschachteln gebeugt.» Welche Bauwerke da so kompliziert sind?
«Wir haben stundenlang an Lösungen gefeilt.»
Benjamin Häusler, Gesamtprojektleiter
Auf dem gemeinsamen Campus der Empa und des Wasserforschungsinstituts des ETH-Bereichs (Eawag) in Dübendorf entstehen unter unserer Ägide in der ersten Etappe bis Ende 2023 ein modernstes Labor, ein Multifunktionsgebäude und ein Parkhaus. Beteiligt sind unsere Bereiche Buildings, Tiefbau, unser Baumeister, die Gebäudetechnik des Kompetenzzentrums und der Holzbau. Darüber hinaus übernehmen wir bis Mitte 2024 die Umgebungsgestaltung des gesamten Areals. Vom Wettbewerb bis zum Facility Management kommt Building Information Modeling (BIM) zum Einsatz, ebenso Lean Methoden und Tools. Die zu erstellenden Gebäude haben es bautechnisch in sich. Ein Überblick der spannendsten Herausforderungen.
Labor
Im Labor- und Bürogebäude mit rund 30 Laboren und 30 Büros auf einer Geschossfläche von 8’900 Quadratmeter arbeiten die Empa-Forschenden ab 2024 an neuen Materialien. Dabei nutzen sie hochempfindliche Apparate wie Geräte für Thermogravimetrie, mit denen Massen von weniger als einem Mikrogramm gewogen werden können. Da selbst geringe Erschütterungen solche Messungen verfälschen können, bauen wir das Gebäude mit einer ultraschweren und starren Betonkonstruktion, die kaum in Schwingung geraten kann. Ein Beispiel: Für die Statik braucht eine normale Bodenplatte eine Dicke von etwa 20 bis 30 Zentimetern, die Bodenplatte des Labors ist jedoch mit 80 Zentimetern drei bis vier Mal so dick. Die Decken mit 60 Zentimeter Stärke inkl. Verbundestrich lassen noch nicht einmal Schwingungen durch Tritte zu. Und sowohl die Bodenplatte als auch die Decken können locker mit jedem Schutzbau mithalten.
Die ganze Konstruktion hat denn auch ihr Gewicht. 48 Pfähle – hier kommt unser Tiefbau zum Einsatz – tragen dieses in bis zu 18 Metern Tiefe ab. Weitere Bau-Challenges: Damit Sauerstoff, Druckluft, Wasser, Gase etc. direkt an den Labor-Werkplätzen zur Verfügung stehen, installiert Implenia ausgeklügelte Mediendecken, die unsere Gebäudetechniker besonders fordern. Und sogar dem WC-Gang der Forschenden und Gebäudebesucher kann das Eawag etwas Innovatives abgewinnen: «Wir verbauen spezielle Trenntoiletten und Urinale, die den Urin separieren und ins Forschungsgebäude NEST weiterleiten. Dort wird er im WaterHub der Eawag zu Pflanzendünger verarbeitet, der vom Bundesamt für Landwirtschaft selbst für essbare Pflanzen zugelassen ist. Nicht einmal die Toiletten sind bei diesem Projekt also Standard», sagt der 38-jährige gebürtige Österreicher Benjamin und lacht.
Parkhaus
Das Parkhaus mit 260 Parkplätzen wird in Holz-Beton-Hybridbauweise entstehen. D.h. beim Bau kombinieren wir die Vorteile des nachwachsenden Rohstoffes Holz mit bewährten Bauweisen. Hiermit sammeln wir gerade u.a. bei der Realisierung des höchsten Holzhochhauses der Schweiz, «Pi» in Zug, Erfahrung. «1:1 können wir dieses Wissen jedoch hier bei der Empa nicht anwenden. Parkhäuser sind offene, bewitterbare Gebäude; als Fassade dienen bei uns Holzlamellen. Wir mussten auch für die Böden ganz andere Abdichtungslösungen finden als bei einem geschlossenen Wohngebäude wie Pi, denn bei Parkhäusern kann Öl auslaufen. Auch die Anschlüsse zwischen der Beton-Primärstruktur und der Holz-Sekundärstruktur haben uns gefordert. Die Krux liegt im Detail!», sagt der studierte Bauingenieur Benjamin. Für die Entwicklung einer neuartigen Photovoltaik-Anlage auf der Fassade des Parkhauses kooperieren Empa und Implenia ausserdem derzeit mit Arno Schlüter, ETH-Professor für Architektur und Gebäudesysteme, und eine Koryphäe auf diesem Gebiet.
Erdsondenfeld
Auf dem Baufeld bleibt kein Fleckchen Erde und keine Ressource ungenutzt. Halb unter und halb ausserhalb des Parkhauses gibt es ein weiteres Novum: Seit Oktober finden hier Bohrungen bis zu einer Tiefe von 100 Metern statt. 144 Erdsonden sollen künftig die Abwärme aus den Gebäuden auf dem Campus speichern, die man im Winter wiederum zum Heizen nutzen kann. Benjamin Häusler: «Zum ersten Mal in der Schweiz bauen wir hier ein neuartiges, experimentelles Erdsondenfeld, welches nicht mit konventionellen Niedertemperaturen sondern versuchshalber mit Hochtemperaturen funktioniert.»
Umgebungsgestaltung
Der gesamte Forschungscampus soll ausserdem autofrei und grün werden, ein Grüngürtel wird die Institute Empa und Eawag verbinden. Ein attraktiver Platz zum Verweilen bietet künftig Aufenthaltsqualität. Doch auch hier gibt es laut Benjamin Häusler ein Plus an Innovation: «Gerade erarbeiten wir gemeinsam mit dem Kunden Möglichkeiten, wie Roboter auf den Flächen und Plätzen immer wieder neue Ornamente zeichnen können.» All diese Innovationen brauchen Grips. Benjamin: «Gerade zu Beginn des Projekts haben wir oft stundenlang an Lösungen gefeilt. Davon werden die Campusbesucher später zwar auf den ersten Blick nichts sehen. Ein genaues Hinschauen lohnt sich aber in Dübendorf.
Nur bei Implenia
Trotz – oder vielmehr wegen! – aller Herausforderungen, ist Benjamin überzeugt und stolz: «Implenia ist ein absolut attraktiver Arbeitgeber. Wo sonst kann man innerhalb derselben Firma von Anfang an mit so vielen Experten aus den verschiedensten Bereichen zusammenarbeiten und gemeinsam solch innovative und komplexe Projekte stemmen?»
Fachwissen aus dem Rheinland
Labore mit hochempfindlichen Geräten für die Forschung dulden keinerlei Vibrationen. Der Empa-Forschungscampus grenzt jedoch nördlich an Eisenbahngleisen und im Süden an die stark befahrene Ueberlandstrasse, auf der später einmal zusätzlich ein Tramlinie fahren soll. Hiesiges Knowhow für die Schwingungsmessungen auf dem Baufeld reichte laut Benjamin nicht aus. So beorderte man im Sommer 2018 kurzerhand Spezialisten des Bochumer Ingenieurbüros für Baudynamik Heiland und Mistler nach Dübendorf, um Schwingungen an der Oberfläche und in vier Metern Bodentiefe zu messen. Die Ergebnisse flossen in die Planung mit ein und das Labor entsteht heute in der Mitte des Geländes, weit genug weg von Strasse und Gleisen. In allen Laborräumen oberhalb der Erde wird das Gebäude den Vibration Criteria (VC)-C Standard (12.5 mm/s (500 min/s) zwischen 1 und 80 Hz) erfüllen, die Flächen im Untergeschoss sogar die noch strengeren VC-E Anforderungen (3.1 mm/s (125 min/s) zwischen 1 und 80 Hz), die Bedingung sind für die Installation der empfindlichsten Apparaturen wie Elektronenmikroskope.