Holz zeigt den Weg in die digitale Zukunft
Holz ist der älteste und wahrscheinlich gleichzeitig auch der modernste Baustoff. Und das nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit. Mit keinem anderen Material ist die Digitalisierung bereits derart weit in den Baualltag vorgedrungen. Indem Elemente in Fabrikationshallen vorgefertigt werden, kann der moderne Holzbau bereits heute viele Automatisierungsmöglichkeiten der industriellen Produktion nutzen, die auf den Baustellen noch mit einem grossen Zusatzaufwand verbunden wären.
Ideal für automatisierte Produktion
Für Anna Gawlikowska (Bild), welche als Head of Digitalization Strategy den Weg von Implenia in die datengetriebene Zukunft organisiert, kommt in der Vorfertigung ein grundsätzlicher Vorteil von Holz zum Tragen: Das Naturprodukt lässt sich einfach an die verschiedenen Anforderungen, etwa von Wänden, Decken oder tragenden Elementen, anpassen. Unterschiedliche Holzbauten lassen sich ähnlich wie Lego-Konstruktionen flexibelaus Standardelementen zusammensetzen. Damit verfügt Holz über ideale Voraussetzungen für die maschinelle Produktion.
3D-BIM-Daten bringen hohen Nutzen
Die bei Implenia bereits heute zu einem erheblichen Anteil digitalisierte Elementproduktion verschafft dem Holzbau einen zusätzlichen Digitalisierungsvorsprung. Auch in Sachen BIM (Building Information Modeling) ist der Naturstoff dadurch gegenüber anderen Werkstoffen im Vorteil. So können etwa die 3D-Modelle, welche die Produktionsroboter für die Fertigung der Elemente benötigen, direkt aus BIM gewonnen werden.
Dazu kommt, dass der hohe Vorfertigungsgrad eine genaue und detaillierte Ablaufplanung verlangt. Nachträgliche Änderungen auf der Baustelle bedeuten einen verhältnismässig grösseren zeitlichen und finanziellen Mehraufwand. Damit profitiert der Holzbau überdurchschnittlich von den Bauablaufsimulationen, die mit BIM möglich werden und mit denen unter anderem die Baustellenlogistik optimiert werden kann.
In Zukunft auch die BIM-Grenzen überschreiten
Wenn im Rahmen des in Holzbauweise zu fertigenden Hauses Krokodil im neuen Winterthurer Stadtteil Lokstadt (siehe Beitrag rechts) erstmals BIM bereits im Architekturwettbewerb und damit über sämtliche Planungsphasen hinweg eingesetzt wird, markiert dies für Gawlikowska erst den Anfang einer Entwicklung, die noch viel weitergehen wird.
«Künftig wird man alle digitalen Werkzeuge in einen Informationsprozess integrieren. Dazu gehören zusätzlich zu BIM beispielsweise auch die Personalplanung, das Management der Lieferkette, ‹Smart contracts›, Kommunikationssysteme und die Produktion von Komponenten», betont die Datenmodellierungs-Spezialistin, die schon an der ETH Zürich mehrere komplexe Digitalisierungs-Grossprojekte unter anderem aus den Bereichen Urbanität, Mobilität, Investment und Energiemodellierung geleitet hat. Damit die Integration gelingt, müssen alle in den verschiedenen Sparten eingesetzten Datenformate kompatibel werden und nahtlos miteinander funktionieren. Das sei zwar eine grosse Herausforderung, die durchgängige digitale Verbindung wird aber auch einen entsprechend grossen Nutzen bringen, ist Gawlikowska überzeugt.
Interview mit Dr. Anna Gawlikowska, Head of Digitalization Strategy bei Implenia
Frau Gawlikowska, was sind für Sie die wichtigsten Elemente der Digitalisierung in der Bauindustrie?
Digitalisierung bedeutet immer einen möglichst nahtlosen Fluss von Informationen. Sei dies in einem Automatisierungsprozess, wenn beispielsweise BIM-Daten in die Steuerung der Roboter einfliessen, welche die Holzbauelemente vorfertigen. Oder sei dies bei der Koordination von Mitarbeitenden, von allen beteiligten Unternehmen auf einer Baustelle oder auch beim Reporting an die unterschiedlichen Anspruchsgruppen eines Projekts. Die Digitalisierung vereinfacht die Zusammenarbeit, indem sie die Grenzen zwischen traditionell getrennten Disziplinen überwindet und den Menschen repetitive Arbeiten abnimmt.
Was sind die grössten Herausforderungen?
Die Trennung der verschiedenen, in ein Bauprojekt involvierten Disziplinen in mehr oder weniger abgeschlossene Silos ist nicht willkürlich, sondern hat in den bisherigen Arbeitsprozessen Sinn gemacht. Wenn wir die Silo-Grenzen jetzt mit Hilfe von Digitalisierungstechnologien überwinden wollen, müssen wir auch die Prozesse grundlegend verändern, und das benötigt Zeit. Die Fähigkeiten, Zuständigkeiten und Rechenschaftspflichten müssen den neuen Abläufen angepasst werden. Dabei muss immer der Mensch im Zentrum stehen, denn die Digitalisierung macht nur Sinn, wenn sie für den Menschen Vorteile bringt.
Was bedeutet das für Implenia?
Zum einen ist Implenia überzeugt, dass es für die Zukunft der Gruppe entscheidend ist, wie wir die Herausforderungen der Digitalisierung meistern. Zum anderen ist uns bewusst, dass wir dies nicht alleine können, sondern nur gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden und Partnern. Wir legen deshalb den Fokus ganz stark auf die Menschen. Dabei geht es nicht nur um die BIM- oder Automatisierungs-Spezialisten. Genauso brauchen wir auf dem Weg alle Mitarbeitenden auf den Baustellen und die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten. Die Digitalisierung muss ihnen die Arbeit erleichtern und neue Chancen eröffnen. Je besser uns das gelingt,desto grösser ist der Wettbewerbsvorteil, den wir uns erarbeiten können.
BIM – Building Information Modeling
Mit BIM wird der Computer nicht nur genutzt, um wie mit CAD (Computer Aided Design) zweidimensionale Pläne effizienter zu zeichnen, sondern es wird ein virtueller Zwilling des Bauwerks erstellt. Jedes Element wird dabei mit all seinen Eigenschaften als Datenobjekt in einem zentralen, dreidimensionalen Modell definiert, das allen Fachdisziplinen zur Verfügung steht. So können die Prozesse über den ganzen Lebenszyklus eines Projekts hinweg – von der Planung über die Erstellung bis hin zur Bewirtschaftung – entworfen, simuliert, Unstimmigkeiten frühzeitig identifiziert und optimiert werden.