Ohne Holz keine 2000-Watt-Bauten
Ohne den Einsatz von Holzbauten wären die Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft nur sehr schwer umsetzbar gewesen», unterstreicht Yves Deluz, Projektleiter Nachhaltigkeit bei Implenia, die Bedeutung des nachwachsenden Baustoffs für die Basler «schorenstadt». Das Leuchtturmprojekt in Sachen umweltgerechter Städtebau war zum Zeitpunkt der Entwicklung die bisher grösste Überbauung der Schweiz, die nicht nur den Minergie-P-Eco-Standard für einen minimalen Energieverbrauch im Betrieb und für eine ökologische Bauweise erfüllt. Die «schorenstadt» wird auch den wesentlich umfassenderen Anforderungen an eine 2000-Watt-Gesellschaft gerecht.
Alle Faktoren miteinberechnet
Dieses von der ETH Zürich entwickelte Konzept besagt, dass in einer langfristig nachhaltigen Welt jeder Mensch im Durchschnitt nicht mehr als 2000 Watt Dauerleistung beanspruchen soll. Im Baubereich gibt der SIA-Effizienzpfad Energie die Zielwerte für Treibhausgasemissionen und den Verbrauch von nicht erneuerbarer Primärenergie vor, die dafür unter dem Strich in den drei Bereichen Erstellung, Betrieb und Mobilität erreicht werden müssen. Der Effizienzpfad bezieht dafür alle massgebenden Faktoren vom Standort über die Bauweise bis hin zur Energieversorgung mit ein.
Unterschied steckt in den grauen Treibhausgasemissionen
In der Baupraxis erweist sich vor allem das Erreichen des Zielwerts für die Treibhausgasemissionen als kritisch. In diesem schlagen unter anderem die sogenannten grauen Treibhausgasemissionen zu Buche. Sie beinhalten die Gesamtmenge an Treibhausgasen, die ein Produkt – in diesem Fall ein Baustoff – generiert; vom Abbau der Rohstoffe und deren Verarbeitung über den Transport bis hin zur Entsorgung.
Holz ist in dieser Hinsicht gegenüber allen anderen Baumaterialien klar im Vorteil, wie Deluz erklärt. So ist nicht nur der energetische Aufwand für seine Gewinnung und Verarbeitung viel kleiner. Bäume sorgen während ihrer Entstehung vielmehr für eine negative Treibhausgasbilanz, indem sie während des Wachstums CO2 aus der Umgebungsluft binden. Das gebundene CO2 wird zwar bei einem Recycling als Brennstoff wieder freigesetzt. Dafür entsteht in diesem Schritt aber auch nutzbare Energie und nicht nur Entsorgungsaufwand. Unter dem Strich verursacht ein Holzbau so zwischen 15 und 30 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als alle anderen Bauweisen.
Hohe Nachfrage nach ökologisch überzeugenden Bauten
Für einen Bauherrn entscheidend ist aber nicht nur die Ökobilanz eines Vorhabens. Die Wirtschaftlichkeit muss genauso nachhaltig sein. Deluz identifiziert diesen Punkt denn auch als die grosse Unbekannte beim Start des Projekts «schorenstadt». Die Frage lautete, ob sich für das Objekt mit seinen zukunftsweisenden ökologischen Aspekten auch ein Käufermarkt finden lässt. Doch selbst in dieser Beziehung übertraf die «schorenstadt» die Zielvorgaben. Bereits bei der Fertigstellung waren 90 Prozent der Wohneinheiten verkauft. Gerade in städtischen Gebieten sind Immobilienkäufer und -mieter offensichtlich je länger je mehr bereit, ein ökologisches Plus entsprechend zu berappen.
Zeitnahe Koordination mit Projektleitung
Dass das anspruchsvolle Pionierprojekt seine Ziele im gesteckten Zeit- und Budgetrahmen erreichen konnte, ist laut Deluz nicht zuletzt dem umfassenden Kompetenzportfolio von Implenia zu
verdanken. Die Siedlung wurde von Implenia von der Entwicklung über die Planung bis zur Realisierung umgesetzt. Sowohl der Holzbau als auch die herkömmlichen Baumeisterarbeiten wurden von Implenia realisiert, was zeitnahe Abstimmungen ermöglichte und den Bauablauf optimierte. Dazu addierte sich als weiterer Erfolgsfaktor das gute Zusammenspiel mit der Nachhaltigkeitsabteilung. «Wir sind die Fachplaner für Nachhaltigkeit innerhalb von Implenia und können uns bei Bedarf schnell mit den Bauabteilungen koordinieren», erläutert Deluz. Dies war umso wichtiger, als dass in der «schorenstadt» in vielen Ausführungsdetails Neuland beschritten wurde und Deluz darum häufigen Austausch mit den Projekt- und Bauleitern hatte.
Herr Brönnimann, Sie sind als eine der ersten Familien Ende 2014 eingezogen. Wie lebt es sich in der «schorenstadt»?
Ausgesprochen gut! Die «schorenstadt» ist wie eine Dorfgemeinschaft in der Stadt. An Sommerabenden, wenn die Schindelfassade in hunderten von verschiedenen Farben schimmert, sitzen wir häufig mit Nachbarn zusammen und unsere Tochter ist praktisch in der ganzen Wohnstrasse zuhause.
Wieso haben Sie und Ihre Frau sich für die «schorenstadt» entschieden?
Ausschlaggebend war für uns das nachhaltige Gesamtkonzept. Uns standen damals mehrere Objekte zur Auswahl. Die «schorenstadt» war das einzige Projekt, das sowohl ökologisch als auch sozial durchdacht war. Uns war es wichtig, dass unsere Tochter in einem lebenswerten Umfeld aufwächst. Und damit sind wir nicht die Einzigen. Die grosse Mehrheit der Bewohner hat sich bewusst für das Konzept der «schorenstadt» entschieden.
Wie wirkt sich der Holzbau auf den Wohnkomfort aus?
Im Vergleich mit der Ende-1980er-Jahre-Wohnung, in der wir vorher gelebt haben, ist das Raumklima markant besser. Selbst wenn die Fenster geschlossen sind, ist die Luft immer frisch und das Holz bringt zusätzlich seinen charakteristischen, wohltuenden Geruch mit sich. Dazu kommt, dass wir trotz strengster ökologischer Kriterien nicht auf die Annehmlichkeiten des modernen Wohnens verzichten müssen.
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