In der Lokstadt nimmt der BIM-Zug Fahrt auf
Mit der Lokstadt entsteht in Winterthur ein modernes Pendant zur Altstadt. Der neue, urbane Stadtteil auf dem Areal der ehemaligen Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM markiert für die Schweizer Bauindustrie den Beginn einer neuen Ära. Beim Holzgebäude Krokodil erfolgt erstmals die gesamte Planung in einem zentralen, dreidimensionalen Datenmodell. Bereits von den Teilnehmenden des Architekturwettbewerbs wurde verlangt, dass sie ihre Projekte als BIM-Modelle einreichen.
Pilot mit kompetenter Unterstützung
«Das Krokodil ist nicht nur für uns ein BIM-Pilotprojekt», hält Lukas Besser, der den Einsatz von BIM auf Seite Implenia verantwortet, fest. Auch die Architekturbüros betraten mit dem Wettbewerb für das erste Gebäude der Lokstadt Neuland. Damit alle Wettbewerbsteilnehmer gleich lange Spiesse hatten und um möglichst vergleichbare Eingaben zu erhalten, bot Implenia gezielte Unterstützung an. Jedes Büro konnte zwei Beratungen mit den Implenia Spezialisten buchen. Das konzentrierte BIM-Know-how bei Implenia ist denn auch ein entscheidender Erfolgsfaktor, ist Besser überzeugt: «Unser Team umfasst heute acht Fachleute. Von diesem Kompetenzzentrum profitieren alle Unternehmenssparten sowie unsere Partner.»
Messbare Vorteile bereits im Wettbewerb
BIM brachte schon in der Wettbewerbsphase eine messbare Verbesserung: Die Eingaben konnten anhand der dreidimensionalen Modelldaten einfacher und schneller überprüft werden und die Qualität der Auswertung war im Vergleich zu 2D-Plänen wesentlich besser. «Zentrale Kenndaten, wie die Nutzfläche oder der Wohnungsmix, lassen sich aus einem Modell regelbasiert und genau bestimmen. Bisher konnten nur Schätzungen anhand der 2D-Pläne vorgenommen werden», erklärt Besser. Wie gross die Vorteile waren, zeigt die Tatsache, dass Implenia inzwischen für alle Wettbewerbe, die sie als Bauherrin ausschreibt, BIM verlangt.
Mit Open BIM alle Gewerke integriert
Nach dem Wettbewerb wurde das BIM-Modell vom Vorprojekt bis zur Ausführung verfeinert und mit detaillierteren Informationen angereichert. Dabei wurde die Planung für alle Gewerke in das Modell integriert. Für Lukas Besser ist klar: «BIM muss möglichst offen sein. Die verschiedenen Planer sollen ihre eigene Software nutzen können. Deshalb arbeiten wir mit Open BIM.» Den grössten Gewinn dieses Vorgehens sieht er in der wesentlich besseren Zusammenarbeit: «Zum einen müssen sich alle Beteiligten schon von Beginn an zusammensetzen und miteinander die Ziele festlegen. Zum anderen hilft das dreidimensionale Modell, ein gemeinsames Verständnis des Bauwerks zu schaffen.» Als Resultat erhofft man sich eine höhere Qualität der Planung und weniger kostspielige Fehler in der Ausführung.
Dank Modellen vorausschauend handeln
Die verbesserte Planung zahlt sich in allen Projektphasen aus. Auf der Grundlage der BIM-Daten können die Erstellung und Nutzung des Gebäudes vollständig simuliert und vorausschauend optimiert werden. So lassen sich etwa vor der Umsetzung die Projektkosten anhand des Modells genauer bestimmen und Kriterien wie die Nachhaltigkeit können exakter überprüft werden. Genauso macht BIM – speziell im Zusammenspiel mit Lean-Methoden – auch die Bauphase effizienter. Dies geht von der Optimierung der Logistik und Montage bis zur genaueren Kontrolle des Baufortschritts. Auch nach der Fertigstellung liefern die 3D-Daten messbare Mehrwerte, etwa bei der Bewirtschaftung und Vermarktung der Gebäude.
So einfach wie möglich bleiben
Alles hat im Pilotprojekt naturgemäss noch nicht optimal funktioniert. «BIM verlangt andere Prozesse», wie Lukas Besser erklärt. «Herauszufinden, wer, was, wann und wie am besten macht, war eine der grössten Herausforderungen.» Zu den Lehren, die aus der Krokodil-Planung gezogen wurden, zählt, dass der Detaillierungsgrad der Modelle in jeder Phase möglichst einfach gehalten werden sollte. Für die Beurteilung von Wettbewerbseingaben sind beispielsweise nur die Flächen und Raumverhältnisse, aber keine detaillierten Informationen nötig.
Schritt für Schritt auf die Baustelle
Gespannt ist Besser auf die Ausführung: «Es ist noch nicht klar, inwieweit die BIM-Modelle auch auf der Baustelle zum Einsatz kommen. Denkbar wären Anwendungen, wie eine modellbasierte Leistungsmeldung, um den Baufortschritt zu überwachen.» Ob dies möglich sein wird, hängt vor allem von den Möglichkeiten der Firmen ab, welche die jeweiligen Gewerke erstellen. Der Implenia Holzbau wird auch in dieser Beziehung eine Vorreiterrolle einnehmen.
Interview mit Fridolin Oberholzer, Polier beim Implenia Holzbau
Herr Oberholzer, spüren Sie die Digitalisierung in Ihrer täglichen Arbeit?
Sie hat unsere Arbeit in den letzten Jahren stark verändert. Pläne stehen mir heute auf dem Laptop als 3D-Modell zur Verfügung oder ich bekomme sie als PDF per Mail. Auch das Ausmessen der Baustelle ist weitgehend digitalisiert. Die Messdaten werden jeweils direkt im Modell dargestellt.
Was bringt das für Vorteile?
Wenn wir am Morgen vor der Arbeit im Team unsere Ziele für den Tag besprechen, kann ich beispielsweise einem Zimmermann den Plan seines Arbeitsbereichs direkt auf sein Handy schicken. Er hat ihn so immer bei sich und kann ihn einfach und schnell konsultieren. Bei komplexeren Aufgaben kann ich das 3D-Modell zu Hilfe nehmen. Es zeigt mir sämtliche Konstruktionsdetails. Auf diese Weise kann ich ganz genau eruieren, wie eine spezielle Konstruktion geplant ist. Früher musste ich bei Unklarheiten den Planer anrufen und mir erklären lassen, wie er etwas gemeint hat. Dabei gab es mehr Missverständnisse und es kam häufiger zu Fehlern.
Betrifft die Digitalisierung vor allem die Pläne?
Nein, praktisch in jedem Bereich kommen heute digitale Technologien zum Einsatz. Nehmen wir das Inventar. Heute fotografiere ich den QR-Code auf einer Maschine und sofort ist sie erfasst. Vorher mussten wir dafür Papierlisten führen, die danach im Computer erfasst wurden. Dies benötigte viel Zeit und das Inventar war trotzdem nie wirklich aktuell gelistet. Heute weiss ich sofort, wo die Maschine steht, die ich suche.
Wie verändert sich denn die Arbeit für Ihre Teammitglieder?
Sie wird anspruchsvoller, weil man all die Technologien beherrschen muss. Das macht die Arbeit aber auch interessanter. Es sind jedenfalls immer alle Feuer und Flamme, wenn wir wieder ein neues digitales Gerät erhalten. Das Ausmessen mit dem digitalen Theodolit, einem Winkelmessinstrument, ist beispielsweise heute eine äusserst beliebte Aufgabe.
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