Insight: Expertise für komplexe Infrastruktur
Seit über 100 Jahren ist Implenia der Spezialist für technisch und logistisch anspruchsvolle Infrastrukturprojekte – und baut diese Kompetenz zum Beispiel mithilfe von BIM und Lean konsequent weiter aus.
Berlin hat ja schon einiges erlebt. Aber diese Baustelle mitten in der Stadt war besonders. Ein 28ʼ000 m³ grosser Eisberg unter dem Spreekanal? Der Lückenschluss der U5 war nicht nur eines der grössten Verkehrsinfrastrukturprojekte der deutschen Hauptstadt, sondern auch eines der spektakulärsten.
Neun Jahre dauerte die Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor, insgesamt entstanden 2,2 km Tunnelstrecke und drei neue U-Bahnhöfe. Implenia realisierte zwei parallel verlaufende Tunnelröhren von je 1,7 km Länge, eine Gleiswechselanlage und die Rohbauten zweier Bahnhöfe. Der komplizierteste Teilabschnitt, der U-Bahnhof Museumsinsel, wurde zuletzt erstellt. Einige Herausforderungen waren offensichtlich: Direkt über der geplanten U-Bahn-Station fliesst die Spree, spannt sich die denkmalgeschützte Schlossbrücke – und gleich daneben steht die Hauptstadtrepräsentanz von Bertelsmann. Eine offene Bauweise war damit schlicht unmöglich. Dazu kommt, dass Berlin auf Sand steht. Peter Hoppe, Projektleiter: «Jeder, der mal versucht hat, am Strand ein Loch zu graben, weiss, wie schnell das mit Wasser zuläuft. So ähnlich ist die Situation in Berlin, wo wir Grundwasserstände zwei Meter unter dem Gelände haben. Wir mussten aber bis zu 45 Meter in die Tiefe.»
«Solche Bohrungen müssen extrem präzise sein. Das können nur ganz wenige.»
Peter Hoppe
Projekteiter der U5 Berlin
Die Lösung war die bislang grösste innerstädtische Bodenvereisung Europas. Mit 65 Einzelbohrungen, durch die –40 Grad kalte Sole geleitet wurde, froren die Spezialtiefbau-Experten von Implenia den Untergrund ein, um dann im Schutz des Eiskörpers den Bahnsteigbereich und die Bahnhofshalle zu erstellen. «Horizontale Bohrungen in dieser Präzision umzusetzen, das war echtes Implenia Know-how. Dazu braucht es Spezialkompetenzen, die nur wenige bieten können», erklärt Peter Hoppe, «auf 105 m Länge durfte es bei 17 cm Durchmesser Abweichungen von maximal 50 cm geben. Dass wir das geschafft haben, macht uns wirklich stolz.» Oben floss die Spree, und 30 Meter unter der Erde herrschte tiefster Winter – und Hochbetrieb. Nach vier Monaten konnten die Bergleute ihre Arbeiten am Mittelstollen beenden. Vier weitere Monate wurde am Vortrieb und an der Innenschale der Seitenstollen gearbeitet. Am Tag der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, am 4. Dezember 2020, fuhr die erste U-Bahn durch den Bahnhof, im Sommer 2021 soll die vom Schweizer Architekten Max Dudler mit einem eindrücklichen LED-Sternenhimmel gestaltete Station Museumsinsel offiziell eröffnet werden.
Die grösste innerstädtische Bodenvereisung Europas mitten in Berlin rund 20 m unterhalb des Spreekanals
Erfahrung trifft Spezialkompetenz
Komplexe und diffizile Infrastrukturprojekte sind unser Spezialgebiet. Immerhin bringen wir über 100 Jahre Erfahrung im Tiefbau mit und haben entsprechend beeindruckende Referenzen vorzuweisen.
Dazu gehört auch der Gotthard-Basistunnel, mit 57 Kilometern derzeit weltweit der längste Eisenbahntunnel. Technisch herausfordernd waren hier vor allem die verschiedenen Gesteinsschichten, vom harten Granit bis zu zerbrochenen Sedimenten, sodass der Vortrieb teils mit Tunnelbohrmaschinen und teils mit konventionellem Sprengvortrieb realisiert wurde. Zu Spitzenzeiten arbeiteten über 400 Mitarbeitende von Implenia auf den verschiedenen Losen, insgesamt wurden 28,2 Millionen Tonnen Ausbruchmaterial aus dem Tunnel befördert.
Christian Späth, Head Division Civil Engineering: «Wir beherrschen nicht nur den konventionellen und den maschinellen Vortrieb im Tunnelbau perfekt, wir decken das ganze Portfolio ab, das es braucht, um komplexen Tiefbau überhaupt möglich zu machen. Manchmal müssen Gebirge entwässert und stabilisiert werden, indem man Zement oder Harze injiziert – oder wir arbeiten eben mit Vereisungen wie bei der U5 in Berlin. Es gibt fast nichts, was wir nicht können in den Bereichen Tunnelbau, Spezialtiefbau und Ingenieurbau. Das zeichnet uns aus.» Jedes Tiefbauprojekt ist einzigartig und bringt seine ganz eigenen technischen und logistischen Herausforderungen mit sich. Es muss immer wieder völlig neu gedacht und geplant werden – schon allein, weil die geologischen Bedingungen nirgends gleich sind.
«Wir beherrschen nicht nur den konventionellen und den maschinellen Vortrieb perfekt, sondern decken das ganze Portfolio ab, das es braucht, um komplexen Tiefbau überhaupt möglich zu machen.»
Christian Späth
Head Division Civil Engineering
Technical Design Office
Implenia führt zudem ein eigenes Technical Design Office mit hochqualifizierten Spezialisten, die alle nötigen vorbereitenden Massnahmen berechnen und deren Umsetzung begleiten. Das zahlt sich aus, denn bei den meisten Projekten arbeiten Tunnelbau, Spezialtiefbau und Ingenieurbau eng zusammen. So auch beim Netzausbau der 380–kV-Kabeldiagonale, einer quer unter der Berliner Innenstadt verlaufenden Hochspannungsleitung, für die Implenia bis 2028 einen sieben Kilometer langen Tunnel mit vier Schächten erstellt. Die bestehende Erdleitung aus den 1970er Jahren wird ersetzt und verstärkt, um auch künftig eine zuverlässige, umweltfreundliche und wirtschaftliche Stromversorgung der Hauptstadt garantieren zu können. Christian Späth: «Worauf es bei komplexen Infrastrukturprojekten ankommt, ist das perfekte Zusammenspiel der verschiedenen Kompetenzen – und Implenia kann dem Kunden alles aus einer Hand bieten.»
Was geplant und gebaut wird oder wie das Projekt ausgeführt werden soll, bestimmt der Kunde. Im Civil Engineering sind das oft öffentliche Auftraggeber wie Gemeinden oder Städte, Kantone oder Bundesländer sowie Staaten. «Immer öfter werden bereits in der Angebotsphase Optimierungen angefragt. Da haben wir mit unserer umfassenden, vor allem auch planerischen Kompetenz einen echten Vorteil», erklärt Christian Späth. «Um diesen Bonus noch besser ausspielen zu können, wollen wir künftig gerade in der Vorbereitungsphase eines Vorhabens noch partnerschaftlicher mit unseren Kunden kooperieren. So können wir zu einem sehr frühen Zeitpunkt gemeinsam überlegen, wie man ein Projekt technisch am besten umsetzt.» Das Tunnelprojekt Vårberg für den schwedischen Kunden Trafikverket ist das erste ECI-Projekt (Early Contractor Involvement), bei dem Implenia Spezialisten die Planungs-, Vorbereitungs- und Baumethoden mitgestaltet haben. Die Kooperation lief so erfolgreich, dass Implenia im Anschluss den Auftrag für die Umsetzung des Projekts erhielt. Auch der Zuschlag für die kaufmännische Leitung zum Bau des ARGE A7-Tunnel Altona in Hamburg lässt sich auf die Kombination aus Engagement und Expertise im Angebotsverfahren zurückführen. Christian Späth: «Wir konnten zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten identifizieren und haben so die Projektrisiken für alle Beteiligten deutlich gesenkt – eine gute Basis für die Zusammenarbeit in den nächsten acht Jahren.»
Digitalisierung nutzen
Um Prozesse noch effizienter zu gestalten, nutzt Implenia die Digitalisierung – und beschleunigt zum Beispiel durch den Einsatz von BIM die Planung von komplexen Infrastrukturprojekten. Auch für die verschiedenen Gewerke, die nach dem Tunnelbau ihre Arbeit aufnehmen, wie Bahntechnik oder Strassenbau, bringt die digitale Planung viele Vorteile mit sich, weil so die Schnittstellen von Anfang an koordiniert und Konflikte vermieden werden. Und Lean? «Tunnelbau ist per se Lean, weil es schon immer darum ging, so effizient wie möglich zu arbeiten – allein, weil der Platz meist knapp ist und alle Prozesse optimal aufeinander abgestimmt sein müssen», erklärt Christian Späth. «Momentan sind wir dabei, geeignete Lean-Ansätze auch im Spezialtiefbau und Ingenieurbau zu implementieren.» Zusätzlich wird Implenia alle Grossprojekte in der Division Civil Engineering mit Lean-Methoden umsetzen, um noch wirtschaftlicher zu arbeiten.
Gerade bei innerstädtischen Projekten, wo es zusätzlich strenge Emissionsvorgaben in Bezug auf Lärm oder Staub einzuhalten gilt, werden Planung, Koordination und Steuerung der Abläufe immer wichtiger. Christian Späth: «Auch in diesem Bereich bringen wir langjährige Erfahrung mit, was uns bei Projekten wie dem Ausbau der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München zugutekommt. Hier arbeiten wir auf begrenzter Fläche mitten in der Stadt, und der Spezialtiefbau muss erst einmal eine Baugrube erstellen, bevor wir mit dem Tunnelbau starten können. Da ist Organisationskompetenz gefragt.» Und so ist es nur konsequent, dass Implenia längst an innovativen Logistiklösungen arbeitet, um die Anforderungen der Kunden künftig noch umfassender erfüllen zu können.
Laufende Implenia Civil Engineering Infrastrukturprojekte (Auswahl)
- Semmering-Basistunnel in der Steiermark, Österreich (2013–2023)
- Albvorlandtunnel in Wendlingen, Deutschland (2016–2021)
- Kabeldiagonale in Berlin, Deutschland (2019–2028)
- Tunnel de Bertholod in Lutry, Frankreich (2018–2021)
- Ausbau Bahnstrecke und Bahnhof Liestal, Schweiz (2019–2025)
- Verlängerung U-Bahn-Linie 11 in Paris (2015–2020)
- Ausbau U-Bahn-Linie 17 in Paris (2018–2023)
- Vårbergtunnel, Schweden (2019–2024)
- Ausbau S-Bahn-Station Marienhof in München, Deutschland (2018–2028)
- Zweigleisige Eisenbahn Sandbukta-Moss-Såstad in Norwegen (2019–2025)
- ARGE A7 Tunnel Altona in Hamburg, Deutschland (2021–2029)
- Modernisierung der Waldenburgerbahn Basel-Land (2020–2023)
- U81 Düsseldorf, Deutschland (2020–2023)
- Gotthard-Sicherheitsstollen Nord (2021–2022)